Deutsche Tischtennis Meisterschaften der Senioren in Neckarsulm vom 29.04. – 01.05.2017
In diesem Jahr konnte ich erstmals in der Altersklasse 60 antreten. Bei den Baden-Württembergischen Meisterschaften erreichte ich vor 4 Wochen den 3. Platz im Herreneinzel und wurde vom Verband für die Deutschen Meisterschaften nominiert.
Insgesamt starteten in meiner Altersklasse 48 Teilnehmer, die in 12 Vierergruppen aufgeteilt wurden. Damit hatte jeder Starter mindestens 3 Spiele zu absolvieren.
Vor dem Beginn der Meisterschaften hatte ich nur 1760 TTR Punkte. Damit war ich in meiner Vierergruppe nur der drittstärkste Spieler. Der stärkste war Michael Werle vom TTC Grün-Weiss Kirn (1.Rheinlandliga) mit 1870 Punkte, gegen ihn verlor ich im ersten Spiel mit 2:3 Sätzen. Mein zweites Spiel hatte ich gegen meinen alten Freund Claus-Jürgen Erdmann. Erdi war in seiner (und meiner) besten Zeit mehrfacher deutscher Mannschaftsmeister und deutscher Pokalsieger mit Borussia Düsseldorf. Heute spielt er beim ASV Wuppertal in der Landesliga und hat 1816 Punkte. Gegen ihn konnte ich nach 0:2 Rückstand noch mit 3.2 gewinnen. Ein sehr intensives Spiel gegen einen Abwehrspieler, der mit viel Schnitt verteidigt und mit der Rückhand immer wieder schießt.
Da Erdi dann gegen Michael Werle mit 3:2 gewann hatten wir untereinander jeweils 1:1 und alles 3:2 gespielt. Erdi und Michael Werle hatten gegen Manfred Müller (1721 Punkte) jeweils mit 3:1 gewonnen, so dass die Ausgangslage vor meinem letzten Spiel gegen Manfred Müller nicht gut war. Ich musste mit 3:0 gewinnen, bei einem 3:1 Sieg hätten die ersten drei alle 2:1 Siege und 8:6 Sätze und es hätten die Bälle unter uns drei ausgezählt werden müssen. Da ich gegen Werle einen Satz mit 2:11 verloren hatte, war klar, dass ich als Dritter dann bereits in der Gruppe ausscheiden müsste. Also musste ein 3:0 Sieg her. Als ich dann im ersten Satz mit 08:10 zurücklag, wäre die Reise um ein Haar bereits in der Gruppe zu Ende gegangen, aber mit viel Glück konnte ich den Satz noch gewinnen und gewann die beiden anderen dann relativ klar, so dass ich als Gruppensieger feststand. Zweiter wurde Erdi, der den direkten Vergleich gegen Michael Werle gewonnen hatte.
Damit war ich im Hauptfeld und es ging im KO-System weiter. Mein nächstes Spiel hatte ich erst am nächsten Tag zu bestreiten. Gegner war Manfred Ritter von der TSG Kaiserslautern, mit 1803 Punkten auch deutlich höher eingestuft als ich. Sein passives Spiel lag mir gut und ich konnte deutlich mit 3:0 Sätzen gewinnen
Somit war das Achtelfinale erreicht und ich kam auf Wolfgang Fründt aus Hamburg (1791 Punkte). Wolfgang hatte ein ähnliches Spiel wie ich, wir hatten sehr lange attraktive Ballwechsel. Nach klar verlorenem erstem Satz konnte ich mich steigern und gewann noch mit 3:1. Ich freute mich sehr unter den letzten Acht zu sein und spürte, dass ich immer besser ins Spiel kam.
Tags darauf kam dann das Spiel der Spiele. Das Match gegen Reiner Kürschner (1857 Punkte) wird mir lange in Erinnerung bleiben. Reiner war bereits einmal deutscher Einzelmeister bei den Senioren 50. Ein Abwehrstratege mit Noppenbelag auf der Rückhand, der unheimlich viel zurückbringt und mit seiner Vorhand mit sehr viel Drall Topspin spielen kann. Es war mir klar, dass ich nicht einfach nur angreifen darf, vielmehr bestand meine Taktik darin, ihn immer wieder mit Stoppbällen an den Tisch zu holen. Natürlich versuchte er nach meinen Stopps oft zu ziehen, aber er machte am Anfang einige Fehler damit und ich konnte seine Bälle auch gut blocken. So führte ich mit 2:0 Sätzen, allerdings wurde er immer sicherer und griff auch immer besser an. Bald stand es 2:2 und es begann ein spektakulärer fünfter Satz. Bis 7:7 konnte sich kein Spieler einen 2 Punkte Vorsprung erkämpfen. Es waren unheimlich lange, intensiv geführte Ballwechsel auf sehr gutem Niveau.
Bei 7:7 machte Reiner dann zwei Punkte und ich befürchtete, dass ich es nicht mehr schaffen kann, da wir zu diesem Zeitpunkt bereits eine volle Stunde gespielt hatten und ich schon etwas müde war. Selbstverständlich nahm ich bei 7:9 meine Auszeit und Amanda, die mich gut gecoacht hatte, gab mir die letzten Ratschläge.
Ich glaubte wieder an mich, machte beim eigenen Aufschlag zwei gute Punkte und bei 9:9 nahm Reiner seine Auszeit. Dann ging ich sogar mit 10:9 in Führung. Nur noch ein Punkt trennte mich von der ersehnten Einzel-Medaille. Dann kam ein nicht enden wollender Ballwechsel mit vielen Topspins meinerseits und auch viel geschupfe. Reiner hatte einen Netzball, den ich noch erreichen konnte, drei Ballwechsel später kam dann nochmal ein Netzroller von ihm, den ich nicht mehr erreichen konnte. Das war wirklich Pech.
Aber ich blieb völlig ruhig und wusste, dass ich mich nicht aufregen darf. Bei eigenem Aufschlag erkämpfte ich mir den zweiten Matchball. Reiner hatte dann Aufschlag und es ging wieder ewig hin und her. Dann zog ich ihm fest auf seine Rückhand, diese Bälle hatte er bisher immer sicher zurückgebracht, sein Ball kam von weit hinten und flog auf die Netzkante und ich sah ihn schon wieder auf meine Seite hopsen, aber der Ball überlegte es sich anders und fiel auf seine Seite zurück, so dass ich mit 12:10 im fünften Satz gewonnen hatte. Ein unbeschreibliches Gefühl. Die Halle bebte, es gab lange andauernden Applaus von den Rängen, denn durch unsere lange Spielzeit von weit über einer Stunde, wurde fast auf keinem anderen Tisch noch gespielt.
Mein Coach Amanda freute sich sehr mit mir.
Kurz darauf durfte ich dann das Halbfinale gegen Manfred Nieswand (genau 2000 Punkte) spielen. Manfred war früher deutscher Meister im Herren Doppel mit Wilfried Lieck, spielte viele Jahre in der Bundesliga. Seit er bei den Senioren ist, hat er nahezu immer die deutsche Meisterschaft im Einzel gewonnen. Außerdem ist er amtierender Weltmeister in dieser Altersklasse. Es war klar, dass dies eine fast unlösbare Aufgabe bedeutete. Er hatte im gesamten Turnierverlauf noch keinen Satz verloren.
Aber ich wehrte mich und konnte den zweiten Satz mit 11:9 gewinnen. Ich dachte jetzt wird er bestimmt aufdrehen, aber auch im dritten Satz konnte ich zunächst mit 6:4 in Führung gehen. Ich spielte mit viel Risiko, zog am Tisch voll dagegen und machte einige schöne Punkte. Leider konnte ich dieses Niveau aber nicht durchgehend halten, so dass ich mit 1:3 deutlich verlor, aber mit meinem dritten Platz war ich mehr als zufrieden. Zu meiner Überraschung gewann Kay Seyffert das Endspiel gegen Manfred Nieswand mit 3:0.
Doppel und Mixed konnte ich auch spielen.
Im Herrendoppel spielte ich mit Wolfgang Jagst, der vor 4 Wochen Meister im Herreneinzel bei den BaWü Meisterschaften wurde. Wir spielten gut und gewannen die ersten beiden Runden mit jeweils 3:0 Sätzen und waren damit unter den letzten Acht. Nur noch ein Sieg zu einer Medaille. Wir gingen zuversichtlich in unser Match gegen Kürschner/Eberhardt, aber verloren deutlich mit 3:0 Sätzen.
Mixed spielte ich zusammen mit Ilona Banzhaf und wir verloren sehr unglücklich in der ersten Runde mit 12:14 im fünften Satz. Lange traurig waren wir aber nicht und ich bin sehr froh, dass ich Ilo kennenlernen durfte.
Diese Meisterschaften, die von der Neckarsulmer Sport Union liebevoll ausgerichtet wurden, werden mir in mehrfacher Hinsicht in sehr positiver Erinnerung bleiben.
Zum einen natürlich, da ich mit dem 3. Platz im Herreneinzel einen meiner größten Erfolge feiern konnte, zum anderen aber auch, da ich viele sehr nette Menschen kennengelernt habe.
Es wurde sehr intensiv gekämpft, aber es war immer sehr fair und vor allem, wenn man verloren hat, dann akzeptiert man die gute Leistung des Gegners und jammert nicht rum.
Nach diesen beiden dritten Plätzen bei der Ba-Wü Meisterschaft und den deutschen Meisterschaften freue ich mich sehr auf die Europameisterschaften der Senioren, die ich Ende Juni 2017 in Helsingborg (Schweden) spielen werde.